„Eine Ironie und generell so ein Sarkasmus, das sind einfach durchaus auch sehr deutsche Eigenschaften, teilweise aber auch ja etwas, was sehr persönlich ist und schnell falsch verstanden werden kann. Von daher ist unsere klare Empfehlung, Community Management darauf zu verzichten.“
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Shownotes
Takeaways
29 Social Media Kanäle mit mehreren Millionen Followern täglich zu betreuen, erfordert mehr als nur schnelle Antworten auf Kommentare. Ricarda Kahl, Senior Corporate Communication Referentin bei Ferrero Deutschland, gibt Einblicke in die Komplexität des Community-Managements eines internationalen Konzerns, wo strukturierte Prozesse, klare Markenidentitäten und strategische Entscheidungen über den Erfolg entscheiden.
Die Zahlen sprechen für sich: Kinderriegel verzeichnet allein 1,8 Millionen Facebook-Fans, Nutella erreicht auf Instagram knapp 130.000 Follower. Diese Reichweite bringt täglich tausende Kommentare mit sich, die nicht nur beantwortet, sondern strategisch genutzt werden wollen. Ricarda betont: „Der Hauptanlass für ein aktives Community-Management ist für uns das Zurückgeben, also das Wertschätzen der Fans und der Kommentare, weil ein Follow oder ein Like für einen Markenkanal eine enorme Wertschätzung seitens unserer Konsumentinnen und Konsumenten ist.”
Markenspezifische Tonalität als Erfolgsfaktor
Jede Marke im Ferrero-Portfolio hat ihre eigene Persönlichkeit, die sich auch in der Community-Kommunikation widerspiegelt. Während Kinderüberraschung bewusst im „Ihr” kommuniziert, um der Selbstverpflichtung zu entsprechen, nicht direkt an Kinder zu kommunizieren, nutzen andere Marken das vertrautere „Du”. Diese Unterscheidung ist mehr als nur grammatikalisch – sie spiegelt strategische Entscheidungen über Zielgruppendefinition und Markenwerte wider.
Kinderüberraschung setzt auf Neugier und Überraschungsmomente. „Eine Kinderüberraschung ist immer eher mit Überraschungen auch assoziiert. …. Seid ihr überrascht? Was überrascht euch? Also in den aktiven Fragen.“ Yogurette hingegen nutzt die rosafarbene Markenwelt auch in der Emoji-Auswahl und Tonalität. Diese konsistente Markenführung über alle Touchpoints hinweg schafft Wiedererkennung und emotionale Bindung.
Gleichzeitig gelten übergreifende Kommunikationsregeln für alle Marken: Höflichkeit, Respekt und die Vermeidung von Ironie oder Sarkasmus. „Eine Ironie und generell so ein Sarkasmus, das sind einfach durchaus auch sehr deutsche Eigenschaften, teilweise aber auch etwas, was sehr persönlich ist und schnell falsch verstanden werden kann.”
Zusammenarbeit mit Agenturen
Anfangs arbeitete das Team mit PDF-Monitoring – ein Verfahren, das bei steigenden Kommentarvolumina schnell an Grenzen stieß. Heute nutzt Ferrero ein integriertes Ticketing-System, das verschiedenen Personen aus Marketing, Kommunikation und Agentur Zugriff auf die jeweiligen Kanäle ermöglicht.
Die Zusammenarbeit mit externen Agenturen hat sich als Erfolg erwiesen. Diese übernehmen nicht nur operative Aufgaben, sondern bringen auch frische Perspektiven ein. Agenturen können Kommentare vorsortieren, nach Dringlichkeit priorisieren und bei unkritischen Anfragen bereits eigenständig antworten. Dabei arbeiten sie auf Basis definierter Netiquette-Richtlinien und Grundwerte, die für alle Ferrero-Marken gelten.
Transparenz im Kundendialog
Lange Zeit wurden vage Antworten gegeben, wenn Fans nach nostalgischen Produkten wie den beliebten Hippo-Figuren aus Kinderüberraschungen fragten. „Irgendwann haben wir gesagt, na wir geben immer wieder die gleiche Antwort und das ist so ein bisschen unzufriedenstellend. Wir können nämlich sagen, dass sie so in dieser Form, wie sie halt damals in den kleinen Kapseln waren, nicht mehr kommen.”
Als Kinder Pingui den charakteristischen roten Aufreißfaden aus Nachhaltigkeitsgründen entfernte, führte dies zunächst zu emotionalen Reaktionen der Community. Statt zu schweigen, erklärte Ferrero die Hintergründe: Der Faden verhinderte einheitliches, recyclebares Material.
Die sachliche Erklärung der Nachhaltigkeitsziele wurde sehr positiv aufgenommen und zeigte, dass Transparenz auch bei emotionalen Themen funktioniert. „Wenn wir da ehrlich sind und wenn wir eine gute Begründung haben, dass wir das gemacht haben, dann dürfen wir das auch laut sagen.”
Learnings aus gescheiterten Projekten
Nicht alle Community-Initiativen waren erfolgreich. Eine aufwendig geplante Community-Challenge, bei der User eigene Videobeiträge mit einem Marken-Hashtag posten sollten, um Spenden auszulösen, floppte. Obwohl Influencer die Kampagne bewarben, blieb die organische Community-Beteiligung aus.
Die Analyse ergab mehrere Lernpunkte: Die Hürde für User war zu hoch – ein Videobeitrag zu erstellen erforderte zu viel Engagement ohne persönlichen Gewinn. Die Spende allein als Motivation reichte nicht aus. Zusätzlich war die Aktion zu regional begrenzt (nur ein Zoo statt bundesweiter Ansatz). „Das Commitment der Community wäre zu groß gewesen, es wäre auch ein Videobeitrag gewesen.”
Drei Erfolgsfaktoren für wirkungsvolles Community-Management
Aus ihrer jahrelangen Erfahrung leitet Ricarda drei zentrale Erfolgsfaktoren ab: Erstens sollten Unternehmen ihre Stärken als Absender kennen und nutzen. Jede Marke hat einzigartige Eigenschaften, die in Content und Community-Interaktion genutzt werden sollten, um positive Interaktionen zu fördern.
Zweitens ist es wichtig, Kommentare ernst zu nehmen, ohne alles wörtlich zu nehmen. „Manchmal ist da vielleicht eine Formulierung drin, die uns erstmal aufstößt. Heißt nicht, dass es aber zwingend auch so gemeint war. Nichtsdestotrotz schwebt in jedem Kommentar ja auch eben ein Gedanke”. Die Antwort sollte immer aus der Marken- oder Unternehmensperspektive erfolgen, nicht auf persönlicher Ebene.
Der dritte Faktor ist Vertrauen – sowohl intern als auch extern. Agenturen sollten ermutigt werden, mutige Vorschläge zu machen, während interne Teams offen für neue Ansätze bleiben sollten. „Da braucht es manchmal auch eben den Schubser von außen und die neutralere Brille”.
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Danke an
- Björn Woll für die Ansagen
- Thorsten Ising für den Schnitt und Unterstützung bei der Produktion